Montag, 19. März 2012

Was bisher geschah: NICHTS


Ach stimmt. Du warst ja nicht dabei... Also...
Am Sonntag den 04. März bin ich zusammen mit vier anderen AFS-Freiwilligen – Namentlich: Christian, Delia, Franzy, Mustafa und Tina – in Bangaluru (Bangalore) gelandet, so gegen 1:10 Uhr Ortszeit (in Deutschland war da noch Samstag). Bis Freitag hatten wir dann unsere Vorbereitungswoche – ich glaub an dieser Stelle sollte ich noch FSL-India erwähnen. FSL (Field Services and intercultural Learning) ist die Partnerorganisation von AFS in Indien, die uns an unsere Projekte vermittelt und sich das ganze Jahr über vor Ort um uns kümmert. FSL hat sich – genau, wie AFS – interkulturelle Verständigung auf die Fahnen geschrieben, allerdings agiert FSL, anders als AFS, nicht international, sondern beschränkt sich darauf Freiwillige aus aller Herren Länder in Indien in sozialen Projekten und Einrichtungen zu platzieren.

Die Vorbereitungswoche war überraschend umfangreich gestaltet und eigentlich nicht groß anders, als die zwei Vorbereitungswochenenden, die wir schon in Deutschland von AFS bekommen hatten, außer natürlich, dass sie wesentlich stärker ins Detail ging. Bis Mittwoch waren wir nur zu fünft – Christian reiste schon Samstag nach Kundapur weiter und hatte dort sein Vorbereitungswoche (und hat dort auch sein Projekt) – dann stieß noch Kathie aus den USA zu uns. Kathie bleibt nur für 3 Monate, wie die meisten FSL-Freiwilligen – wir gehören mit unseren 11 Monaten schon eher zur Ausnahme der LongTermVolunteers (Langszeitfreiwillige).

Von links nach rechts: Ich, Franzy, Delia, Tina und Mustafa. Bei der Vorbereitungswoche in Bangalore.



Christian - noch am Flughafen in Frankfurt und mit Bart...


Am Freitag sollte es dann erst mal in die Projekte gehen, dachten wir – falsch gedacht. Am Freitag gings erst mal mit dem Nachtbus nach Kundapur.
Weshalb nach Kundapur (was zugegeben auf der anderen Seite des Subkontinents liegt, als mein Projekt und auch die von Delia, Mustafa und Tina)?
Die Frage ist eigentlich relativ leicht zu beantworten – die Antwort allerdings nicht ganz so leicht zu erklären...
Zuerst die Antwort: In Indien gibt es jede Menge Bürokratie – in Indien gibt es aber auch jede Menge Korruption und ohne Geld oder Vitamin B kommt man manchmal anscheinend nicht weit.
Zur Erklärung: Mit unserem Visa muss man sich bei den indischen Behörden am Aufenthaltsort registrieren – in meinem Fall wäre das Cuddalore oder Pondichery. In meinem Visum allerdings ist als Aufenthaltsort Kundapur angegeben.
Der Grund? Bei potentiell korrupten Beamten helfen einem, wie schon erwähnt, zwei Möglichkeiten: man zahlt, oder man sucht sich welche, mit denen man gut Freund ist und deshalb nicht zahlen muss. FSL hat, wie aus den Erzählungen hervorging, anscheinend schon schlechte Erfahrungen mit Beamten gemacht. Gegründet wurde FSL in Kundapur, einem (für indische Verhältnisse) kleinen 30.000-Seelen-Ort, wo man sich gegenseitig kennt. Viele der FSL-Mitarbeiter kommen aus Kundapur und, wie sich zufällig herausstellte auch der Chef der, für Kundapur zuständigen, Registrierungsbehörde...
Nach der Registrierung muss diese dann nur noch auf die entsprechende Region umgeschrieben werden, was anscheinend problemlos Funktioniert. Die ganze Geschichte nimmt natürlich einiges an Zeit in Anspruch, dadurch ist dann aber gesichert, dass alles schön legal bleibt.

In Kundapur haben wir dann Christian wiedergetroffen – nicht mehr länger mit Rauschebart, dafür aber mit Lungi, der traditionellen indischen Männertracht – einem Wickelrock. Wer sich darunter nichts vorstellen kann: es handelt sich dabei um das komische Sack-Hosen-Was-auch-immer-Ding, das Ghandi auf den meisten Abbildungen trägt.

Das ist zwar nicht Christin, sondern Mustafa, aber das beste Lungi-Bild, das ich finden konnte.
Registrieren konnten wir uns dann erst am Montag (12.03.12), an dem uns dann auch Franzy auf dem Weg zu ihrem Projekt in Mysore abhanden kam. Am Dienstag gings dann zuerst mit dem Bus nach Mangalore und anschließend mit dem Nachtzug nach Chennai, von wo aus ich dann von meinem FSL-Koordinator über Pondichery in mein Projekt verfrachtet wurde.
Bei diesem Handelt es sich wie gesagt um ein Kinderheim, sowie eine Grundschule – später mehr.
Zur Zeit ist noch Maja aus Dänemark da (die, als ich ihr das erste mal, über den Weg lief ein „Bee Cute“-Top mit Biene drauf trug...).

Bis hierher erstmal.

Es gäbe zwar noch jede Menge zu schreiben, da das aber zu viel des Guten wäre wird das auf die nächsten Male verschoben...

Sonntag, 18. März 2012

Uppsa - endlich kommt mal was

Liebe Leute, Freunde, Verwandte, Bekannte, Leser, wer auch immer ihr seid,
ich fühle mich bemüßigt mal von mir hören zu lassen.
Seid Mittwoch bin ich endlich in meinem Projekt und habe seid heute endlich festes Internet.
Die letzten Tage hatte ich leider noch keine Zeit was zu schreiben, was sich in nächster Zeit allerdings höchstwahrscheinlich ändern wird. Letztendlich bin ich in einem Kinderheim gelandet, bei dem die Arbeit sich besonders am frühen Morgen, Nachmittag und Abend ballt - den Rest des Tages sind die Kinder in der Schule; ich werde also schon irgendwo Zeit finden zu schreiben.
Außerdem muss ich erstmal meine Gedanken sammeln - ich bin jetzt ziemlich genau 2 Wochen in Indien und muss erstmal die Flut an neuen Eindrücken bewältigen und sortieren...

Donnerstag, 1. März 2012

In der Kürze liegt die Würze

Wem dieses ewig lange geschreibsel da unten zu viel ist, hier noch einmal eine kurze Zusmmenfassung:

- vom 03.03.2012 bis 03.02.2013 bin ich in Indien, um dort einen Freiwilligendienst über weltärts ein Projekt
  des BMZ zu absolvieren
- meine Entsendeorganisation ist AFS Interkulturelle Begegnungen e.V.
- ich werde vor Ort in dem Projekt BLESS eingesetzt sein

Prolog im Zug

Ich sitze im Zug von Berlin nach Neustrelitz. Es ist der 15.02.2012 12:58 Uhr und der Zug hat laut Ansage 8 Minuten Verspätung. Zwei Sitze weiter tauschen sich ein schweizer Journalist und eine Berufsschülerin aus Waren über ihren Lebenswandel aus, was natürlich herzlich egal und nebensächlich ist außer ich wäre beim BND angestellt und die beiden potenzielle Terroristen. Da ich aber am Samstag den 03. März nach Indien fliege um dort meinen 11-monatigen Freiwilligendienst anzutreten fällt die Möglichkeit, dass ich für den BND arbeite schon mal flach (ob die beiden Terroristen sind weiß ich immer noch nicht – potenzielle sind sie's bestimmt...).
Genau aus diesem Grund (wegen des Freiwilligendienstes, nicht wegen des BND) war ich in Berlin. Ich habe heute den zweiten Anlauf gestartet mein Visum für Indien zu beantragen und diesmal hat es auch geklappt. Gestern fehlte mir noch ein Wisch meiner Eltern, auf dem mir finanzielle Unterstützung von ihnen zugesichert wird. Es ist nicht so, das ich während des Freiwilligendienstes auf der Straße leben müsste. Für Unterkunft ist gesorgt und für den Flug und ein ausreichendes Taschengeld sorgt meine Entsendeorganisation. Der Hintergrund ist ganz einfach, dass man in Indien erst Erwachsen und von den Eltern unabhängig ist, wenn man verheiratet ist – ich bin unverheiratet und somit noch nicht unabhängig.

Aber ich sollte lieber ganz von Vorne anfangen:
Ich gehöre noch zu den Menschen, die zur Musterung mussten. Wahrscheinlich werden die potenziell Wehrtauglichen in 2 Jahren nicht mehr wissen, was eine allgemeine Wehrpflicht ist, außer, dass sie das nicht leisten müssen. Ich konnte mir unter allgemeiner Wehrpflicht durchaus etwas vorstellen und wusste ziemlich genau, dass ich diese auf keinen Fall leisten wollte – dafür hatte die allgemeine Einflussnahme meiner Eltern auf meine Weltsicht gesorgt, wofür ich ihnen auch alles andere als böse bin. Glücklicherweise gab es in Deutschland diverse Möglichkeiten soziale Ersatzdienste zu leisten, unter anderem auch im Ausland und genau das wollte ich tun. Natürlich gibt es noch andere Gründe, aus denen ich nach der Schule ein Auslandsjahr machen wollte, unter anderem, dass ich schon ziemlich früh wusste, dass ich nicht gleich nach dem Abi anfangen wollte zu studieren. außerdem ist es meiner Meinung nach durchaus erstrebenswert und für das spätere Leben förderlich ein Jahr lang außerhalb von Deutschland (und weit weg von den Eltern) zu verbringen. Weshalb ich hier dann mit Musterung etc. komme? Nun ich glaub, dass ich einfach stolz drauf bin, das ich einmal in meinem Leben bedingungsloser Pazifist war und noch zu den Menschen gehöre, die eine Kriegsdienstverweigerung geschrieben haben. Im Herbst 2010 bin ich also gemustert worden und hab meine Kriegsdienstverweigerung geschrieben. Damals stand noch nicht fest, ob die Wehrpflicht ausgesetzt wird oder nicht.
Kurz danach hab ich mich dann auf Empfehlung einer Klassenkameradin bei AFS interkulturelle Begegnungen e.V. auf das weltwärts-Programm beworben und ich wurde prompt genommen.
Weltwärts ist ein Programm des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) das die Entsendung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen (mit Berufs- oder Schulabschluss) in soziale Projekte von NGO's (Non Govermental Organisations – Nichtregierungsorganisationen) in Entwicklungs- und Schwellenländer fördert. Durchgeführt wird weltwärts von den Endsendeorganisationen, die mit den NGO's im Ausland zusammenarbeiten und die Freiwilligen entsenden; dabei müssen natürlich die Vorgaben des BMZ eingehalten werden. Die Liste der Endsendeorganisationen ist lang und reicht vom „Deutschen Entwicklungsdienst“ mit den meisten Freiwilligen über diverse kleinere wie z.B. VIA bis zu DRK Ortsstellen, die teilweise nur einen Freiwilligen entsenden.
Meine Endsendeorganisation ist wie schon erwähnt AFS Interkulturelle Begegnungen e.V. AFS hat sich den interkulturellen Austausch und die interkulturelle Verständigung auf die Fahnen geschrieben und dürfte wohl vor allem durch den Schüleraustausch bekannt sein. Zur Bewerbung gehörte natürlich nicht nur die entsprechenden Formalien, sondern auch ein Auswahlseminar. Wenn also die Formalie mit Bewerbungsschreiben etc. stimmt wird man also noch einmal auf Herz und Nieren geprüft. Der Grund: auf jeden potenziellen Platz kommen mehr als ein Bewerber. Da es eher selten ist, dass ein Bewerber abgelehnt wird ist die Nachrückerliste nicht grade kurz und es üblich, dass sich bei mehr, als nur einer Organisation beworben wird, was ich dann auch prompt nach dem Auswahlseminar tat. Nur um festzustellen, dass ich mir viel zu viel Mühe gemacht habe, als notwendig gewesen wäre, da ich ziemlich bald eine Zusage von AFS für Indonesien bekam.
Bis zu diesem Punkt lief alles irgendwie etwas zu gut. Das (bis jetzt einzige) (mittel-) große Dilemma ließ auch nicht lange auf sich warten. Unter Herrn Nibel wurden die Mittel für weltwärts stärker, als erwartet gekürzt (was war auch zu erwarten, wenn ein Politiker in ein Ministerium gesetzt wird, von dem er selbst sagt, dass dieses nicht gebraucht würde), so dass AFS nur ¾ der Freiwilligen entsenden konnte, die schon eine Zusage bekommen hatten. Die beiden Möglichkeiten waren entweder in einen Lostopf geworfen zu werden und mit einer Wahrscheinlichkeit von 25% nicht fahren zu können oder ein halbes Jahr später zu fahren – mit einem 100% festen Platz. Da ich der Meinung war, mein Glück schon mehr, als genug strapaziert zu haben, entschied ich mich für die zweite Variante. In der Winterausreise war es allerdings nicht möglich nach Indonesien zu fahren, deshalb viel meine Wahl ohne besonderen Grund auf Indien.
In dem Verbleibenden halben Jahr hab ich dann ein Praktikum im Amt für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen (AKJ) der Ev.-Luth. Landeskirche Mecklenburgs absolviert (oder absolviere es immer noch – ende dieser Woche ist es vorbei). In der Jugendarbeit und Jugendselbstvertretung war ich schon vorher ehrenamtlich tätig und kann mir durchaus Vorstellen später mal irgendetwas in diese Richtung zu machen. Durch das Praktikum hab ich sehr interessante Einblicke in die Arbeit einer Koordinationsstelle bekommen und festgestellt, dass das nichts ist, was ich in den nächsten 30 Jahren jeden Tag machen wollen würde. Ein weiterer interessanter Aspekt war die Kirchenfusion und -politik. Die Ev.-Luth. Landeskirche Mecklenburgs fusioniert dieses Jahr zu Pfingsten mit der Ev. Pommerschen Kirche und der Ev.-Luth. Nordelbischen Kirche zur Ev.-Luth. Kirche in Norddeutschland. Da diese Fusion natürlich auch einen nicht minder großen Einfluss auf die Jugendarbeit hat und somit das AKJ und die Jugendselbstvertretung somit nicht unbehelligt blieben habe ich einen durchaus lehrreichen Kurs in Kirchenpolitik bekommen.

Aber zurück zum Auslandsjahr: Nach und nach kamen dann auch die Informationen über Daten der obligatorischen Vorbereitungsseminare, des Ausreisetermins und das Projekt. Es war bei der Bewerbung nicht Möglich ein Projekt und ein Gastland zu wählen, sondern nur eine Priorisierung vorzunehmen. Die Vorbereitungsseminare waren im Januar und Februar und scheißgeil (wenn man das mal so ausdrücken darf).
Der Ausreisetermin ist der 03. März.
Mein Projekt nennt sich BLESS und ist in Reddichavadry in der nähe von Cuddalore in Tamil Nadu (Projekt auf Karte). Ich werde dort in einer Open School (Offenen Schule) mit dreißig Kindern eingesetzt werde – so stehts jedenfalls in der Projekt(-selbst-)beschreibung (Die an scheinend darauf ausgelegt ist besonders westliche Weltverbesserer anzusprechen). Wie genanu eine Open School aussieht und was genau ich dort machen werde weiß ich noch nicht. In der Projektbeschreibung steht zwar, was die Kinder alles machen, aber nicht, was ich mache – das kann sowohl bedeuten, dass ich unterrichte, die Kinder beaufsichtige oder aber auch in der Küche stehe, aber warum Hypothesen aufstellen, wenn ich's ja eh bald erfahren werde.
Zu dem Projekt scheint noch einiges mehr zu gehöhren, als nur die Open School - Internetpräsenz von BLESS.

Soweit dazu.

Und der BND kann jetzt hier schön verfolgen, was ich das ganze Jahr über mache, außerdem wurde mir davon abgeraten, mich über Verspätungen von Zügen zu ärgern; was in Deutschland 8 Minuten sind können in Indien gut mal 8 Stunden werden - ich freu mich schon drauf!