Warum? Warum? Warum verdammt nochmal
verlangt eine indische Organisation von mir, das ich in indischen
Verhältnissen europäisch Papierkram erledige?
Wie jetzt? Ihr wisst nicht, was ich
meine?
Gut. Klamüstern wir das mal
auseinander:
Die indische Organisation ist FSL –
meine Austauschorganisation vor Ort.
Der Papierkram ist die Erlaubnis,
Urlaub bzw.
Wochenendsarbeitsausgleich zu nehmen.
Selbiger muss
europäisch (so schnell, wie möglich; europäisch ist hier im
Vergleich zu dem Normalfall in Indien zu verstehen) ausgedruckt,
unterschrieben, eingescannt und per Mail zurückgeschickt werden.
Wär in Europa
kein Ding – den Kram hat man doch zu Hause rumstehen. Hier
eigentlich auch. Drucker und Scanner sind da – Luxus in Indien –
und mit dem Chef, der das unterschreiben muss wohnt man zusammen.
Eigentlich kein Problem.
Aber: Drucker
und Scanner liegen grad lahm, weil kein Papier, keine Druckerpatrone
und irgendjemand hat das Scannprogramm, das auf dem Computer
installiert ist...naja, es funktioniert nicht...
In Europa wär
das jetzt das absolute Desaster – in Indien gar kein Problem:
Läden, in denen man ausdrucken, scannen, kopieren und zur Not auch
tippen lassen kann gibt’s in den nicht ganz so kleinen Orten an
jeder (Straßen-)Ecke, wenn man sich nicht in den landwirtschaftlich
geprägten Gebieten aufhält, wo man noch nie einen Computer
gesehen hat. Mein Problem ist weniger, das hier noch nie jemand einen
Computer gesehen hat, sondern eher, das ich erst mal eine
(Straßen-)Ecke finden muss.
Ich wohne nun
mal an der Hauptstraße zwischen Pondicherry und Cuddalore – außer
der gibt’s hier rechts und links eher wenig...
Also aufs Rad
geschwungen und in den Nächsten Ort gefahren. Das Rad ist, nach
Aussage von Madam, ein sehr gutes. Gut, es war wahrscheinlich teuer
und ein 14 jähriger Pubertero fährt wahrscheinlich total auf das
Ding ab: 21 Gänge, Mountenbikestyle und Geweihlenker, aber für
Indien, mitten im Nirgendwo ist es wahrscheinlich so Praktisch, wie
Fußpilz. Stört nicht groß außer, wenn er wandert und man kommt
auch mit noch von A nach B. Das Problem bei dem guten Vehikel ist
nämlich, das es zwar chick aussieht, es allerdings ein echter Krampf
war Ersatzteile ran zu bekommen, für deren Preis ich mir
wahrscheinlich locker ein 0815-Gebrauchtrad hätte kaufen können.
Außerdem ist es viel zu klein für mich...
Aber zurück zum
Wesentlichen: Aufs Rad geschwungen und auf in den nächsten Ort –
halbe Stunde hin, halbe Stunde zurück und zwischendurch das „Ich
will Urlaub“-Dokument ausdrucken lassen, das einem gerade heute
zugeschickt wurde – was muss Herr Herrmann auch auf die Idee kommen
so kurzfristig Urlaub haben zu wollen?
Ganz einfach:
Sein Chef hat ihm am Montag verklickert, dass es die nächsten drei
Wochen nichts zu tun gibt und er sich Indien anschauen könnte, wenn
er denn Lust dazu hätte. Vorgeschlagen, getan, aber erst um
Erlaubnis fragen. Bis dann das entsprechende Dokument angekommen ist,
ist es Dienstag.
À propos Chef:
Der muss jetzt ran um zu unterschreiben – kann er nicht, ist wieder
mal unterwegs; keiner weiß wo und wie lange. Die Unterschrift gibt’s
erst am Abend.
Am nächsten
Morgen: Nochmal aufs diese unsägliche Klappermühle geschwungen, die
kleinen Jungs anscheinend das Gefühl verleiht 'ne richtig große
Nummer zu sein und auf zum Einscannen. Nach dem Einscannen stellt man
dann fest, das man (laut Virenprogramm) plötzlich 'nen Virus auf dem
Datenträger hat, der da vorher noch nicht war und natürlich kriegt
man's dann auch hin, den Datenträger zu formatieren, ohne die
Dokumente gespeichert zu haben...
Nochmal hin...
Natürlich ruft
dann auch noch die Koordinatorin an – der Urlaub ist eigentlich
schon so gut, wie gewährt (was wirklich sehr kulant ist), allerdings
braucht sie so schnell, wie möglich die Dokument, damit auch was
draus wird. Aus „so schnell, wie möglich,“ wird drei Stunden
später, weil wieder mal Stromausfall ist und ohne Strom das mit dem
Internet natürlich so eine Sache ist...
Was ich damit
eigentlich sagen möchte? Jonas tingelt jetzt erstmal zwei Wochen
durch Indien und wird in der Zeit nicht schreiben...
(Nachdem er
schon die letzten zwei Wochen nicht aus dem Knick gekommen ist.)
Die gute
Nachricht: Der Blog hat eine Selbstveröffentlichungsfunktion (falls
die Funktioniert und ich mich da nicht gewaltig irre...), die ich mal
ausprobieren werde.
Die schlechte
Nachricht: Es gibt keine Bilder – Jonas war zu blöd im richtige
Augenblick welche zu machen...
Ach und die Antwort auf das Warum? vom Anfang: Ganz einfach, Herr Herrmann hätte sich auch früher kümmern können...
Außerdem muss sich die indische Organisation vor diversen europäischen rechtfertigen können und die kenne das nun mal nicht anders...