Dienstag, 24. Juli 2012

The Indian way to be ill (as german)


Ich war heute das erste mal in Indien beim Arzt.

Der Grund: Ich habe mir eine ordentliche Erkältung eingefangen und wenn ich ordentlich sage, meine ich das auch – mit allem, was dazu gehört: Saudicke Nase, ordentlicher Husten und die schönen Schmerzen in den Gliedmaßen. Clever, wie ich bin hab ich natürlich auch keine entsprechenden Medikamente eingepackt – ich fahr nach Indien, da ist es heiß, da kriegt man so was nicht! Ganz dumme Idee.
Die Folge: Ich fühle mich ungefähr doppelt bis dreimal so alt, wie ich bin und die wetterbedingte schwülfeuchte Hitze/Kühle macht's nicht besser.

Wie ich das jetzt geschafft habe, weiß ich nicht, aber es war auf jeden Fall derart offensichtlich, das ich Krank bin, das mein Gastvater mich zum Arzt verfrachtet hat.

Nun hat man natürlich über die Vertreter des Gewerbes, dem regelmäßig Millionen Menschen wortwörtlich ihr Leben anvertrauen, schon so einige Geschichten gehört – gerade über diejenigen, die in Ländern ausgebildet wurden und praktizieren, die kein so gutes Gesundheitssystem aufzuweisen haben, wie Deutschland.
Den ersten Vorgeschmack hab ich mir geholt, als ich nach dem ersten ordentlichen Durchfall meine Medikamentenbestände auffüllen wollte. Kohletabletten kriegt man nicht und wenn man nach Isopropylalkohol zum desinfizieren des Fieberthermometers fragt, wird man an den nächsten Spirituosenfachhandel verwiesen. Letzteres ist vor allem auf die Tatsachen zurückzuführen, das der Durchschnittsinder mäßig bis sehr schlecht Englisch spricht und man auf der anderen Seite der Theke der indischen Medikamentengeschäfte (das Wort Apotheke möchte ich in diesem Zusammenhang gar nicht verwenden) eher selten derart gut ausgebildetes Personal antreffen dürfte, wie in Deutschland. Es wird einfach gefragt, was das Problem ist und eine Packung Pillen rübergeschoben.
Um was es sich handelt, oder Beipackzettel?
Fehlanzeige!
Glücklicherweise steht auf der Rückseite der Tablettenverpackung immer noch drauf, was drin ist, so das man dank Internet und Wikipedia im Zweifelsfall herausfinden kann, ob es auch wirklich das bewirkt, was man von ihm erwartet.

Erste Feststellung: In Indien geht’s immer gleich aufs Ganze!
Was man auf jeden Fall bekommt weiß man eigentlich schon vorher.
Antibiotika.

Die Tabletten gegen Durchfall: Breitbandantibiotikamix.
Was soll ich gegen meine nette, kleine Erkältung, außer Hustensaft und Paracetamol gegen die Schmerzen noch schlucken? Antibiotika (von dem ich noch nicht mal weiß, was es für welches ist, da die Packung und damit auch der Text auf der Rückseite zerschnitten ist).

Ganz verwunderlich ist es nicht.
Die meisten Krankheiten sind echt harte Biester und gedeihen dank des Klimas gerade während des Monsuns prächtig. Und da die meisten Leute eher nicht das Geld für eine Laboranalyse haben dürften um festzustellen, ob das Bretterkanllerantibiotika auch wirklich nötig ist, werden lieber gleich die ganz harten Geschütze aufgefahren.

Ob die Spritze, die mir der Arzt verpassen wollte wirklich Not getan hätte, wage ich schwer zu bezweifeln, aber härtere Geschütze gibt’s wohl kaum.

Dienstag, 17. Juli 2012

Von Vorne


Zu behaupten, es wäre hier schon eine Weile nichts geschrieben worden, wäre eine glatte Untertreibung.
Ehrlich gesagt fällt es mir schwer, mich zu erinnern, was in der Zwischenzeit alles passiert ist, deshalb hier eine kleine Bestandsaufnahme:

Der letzte Blogeintrag wurde automatisch veröffentlicht, während ich durch Südindien getingelt bin...

Natürlich bin ich gut wieder angekommen, hab nur halb so viel gesehen, wie ich gerne hätte, mehr erlebt, als nötig gewesen wäre und meinen ersten, ordentlichen Durchfall hinter mir.

Zwei Wochen Arbeit, nachdem ich aus dem Urlaub zurück war.

Ein Zusammenbruch.

Eine Vierteljahresauswertung, auf welcher meine Koordinatorin überzeugt wurde doch endlich mein Projekt zu wechseln.

Zwei weitere Wochen im Projekt.

Projektwechsel.

Mit dem Projektwechsel hat sich dann auch gleich fast alles geändert. Andere Küste, anderes Wetter anderer Bundesstaat und natürlich andere Gastfamilie.
Ich bin jetzt in Kundapur, einem Ort an der Westküste Indiens in Karnataka. Natürlich wird hier nicht mehr Tamil gesprochen, sondern Kanada und hier ist schon seid einer Weile Monsun – das heißt mehrmals täglich ordentliche Regenschauer und eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit. Das ganze hat zur Folge, dass die Wäsche nicht trocken wird, Räucherstäbchen ein unerlässliches Utensil werden, da früher oder später wirklich alles anfängt zu müffeln und Gegenstände setzen sehr schnell Schimmel an (selber hab ich noch keine Erfahrungen damit gemacht, aber mir wurde sehr anschaulich davon berichtet...).
Nach Meinung der Einheimischen regnet es noch nicht genug und normalerweise mehr. Klingt seltsam, wenn man sich so über den Regen beschwert, aber immerhin hängt die Landwirtschaft und ein Teil der Stromversorgung davon ab, wie viel es während des Monsuns regnet.
Karnataka ist um einiges weiter Vorne, was Wirtschaft etc. angeht, als Tamil Nadu, was sich vor allem dadurch bemerkbar macht, das es sehr wenige und kurze, bis gar keine Stromausfälle gibt und man, wenn man gerade aus Tamil Nadu kommt, geradezu verwundert ist, wie viele Geschäfte es in einer Kleinstadt, wie Kundapur mit 10.000 Einwohnern, gibt, die nicht zuletzt so aussehen, als müsste man in ihnen für indische (tamilische) Verhältnisse etwas tiefer in die Tasche greifen.
Wie ich wahrscheinlich schon einmal erwähnt habe ist Kundapur der Ort, in dem FSL – meine, für mich zuständige Organisation vor Ort – angefangen hat. Aus diesem Grund ist es auch ziemlich Voll mit Freiwilligen. Im Moment sind wir nicht mehr, als zehn, da die letzte weltwärts-Sommerausreise (2011) aus Deutschland gerade das Feld geräumt hat, aber in einem Monat kommt wieder „Nachschub.“
In der neuen Gastfamilie muss ich jetzt einigen Luxus, wie zum Beispiel eine Waschmaschine oder ein Zimmer für mich alleine missen, aber an und für sich ist die Unterbringung alles andere als Schlecht. Meine Gasteltern, deren Namen ich bisher noch nicht erfahren – sie werden einfach mit „uncle“ (Onkel) und „aunt“ (Tante) angesprochen, sind beide nicht mehr die jüngsten und die Kinder (Tochter und Sohn) beide schon verheiratet und aus dem Haus. Der Sohn arbeitet, wie schon sein Vater für 20 Jahre, in den Arabischen Emiraten und die Schwiegertochter, sowie Enkelin wohnen noch mit bei den (Schwieger-/Groß-) Eltern. Das Zimmer teile ich mir mit Foster, der in Kundapur eine Ausbildung o.ä. Macht (soweit ich das verstanden habe). Ursprünglich kommt er aus Mangalore, der nächstgrößeren Stadt.
Was die Nachteile angeht, lassen diese sich sehr einfach wieder aufwiegen. Die Waschmaschine war zwar ein großes Zeit- (und Arbeits-) Ersparnis, aber richtig sauber wurde die Wäsche nie. Das ist beim Von-Hand-Waschen anders, nur leider gab's für dieses in der letzten Unterbringung nicht die nötige Einrichtung. Privatsphäretechnisch hat sich eigentlich auch nicht viel geändert. Bei BLESS hat eigentlich dauernd irgendjemand durch diverse (architektonisch vorgesehene) Spalten in den Wänden gespäht und ehrlich gesagt finde ich es wesentlich angenehmer, zu wissen, wenn man gerade visuelle Beachtung findet, als sich dauernd zu fragen, ob man nun beobachtet wird, oder nicht.

Wie ist das neue Projekt so?

Das verschieb' ich am besten auf den nächsten Eintrag, der hoffentlich nicht wieder über einen Monat auf sich warten lässt...