Montag, 9. April 2012

Ein ganz normaler Tag


Heute werde ich 20. Und Heute ist Montag – Ostermontag. Ostermontag ist in Deutschland Feiertag. Das schert hier natürlich niemanden, nicht mal meinen erzkatholischen Chef – für den ist Karfreitag wichtiger, als Ostermontag. Demzufolge ist heute ein ganz normaler Montag.

Das heißt, um 6.00 Uhr raus aus den Federn und die Kinder wecken. Eigentlich kann ich froh sein, dass die Midterm Exams (Halbjahresprüfungen) vorbei sind, da durfte ich nämlich um 5.00 Uhr raus, damit die Kinder noch 'ne extra Lerneinheit einlegen konnten, bevor's zur Schule ging.
Nachdem sich dann alle den Schlaf aus den Augen gewischt haben geht’s dann Zähneputzen – ich darf die Zahnpasta an die jüngeren verteilen, die älteren haben ihre eigene.

Dieses spezielle, zähneputzende Exemplar eines Kindes nennt sich Ashok und scheint irgendwie noch nicht ganz wach zu sein...
Danach wird gelernt – das läuft eigentlich nicht anders, als in der Schule ab, ob das besonders sinnvoll ist wage ich zu bezweifeln, denn vom Alphabet nach brüllen ist meines Wissens noch niemand schlauer geworden. Aber zum Indian way of learning ein andermal...
Normalerweise waschen die Kinder so gegen 7.30 Uhr sich selbst und ihre Alltagskleidung, die während der Schulzeit – sehr britisch – gegen eine Schuluniform getauscht wird. Heute morgen allerdings ist der Wassertank für die Duschen leer und die Wahrscheinlichkeit, dass sich das in den nächsten 2 Stunden ändert gleich 0 – es ist Stromausfall.
Um 8.30 Uhr gibt’s dann Frühstück und um 9.00 Uhr verschwinden die Kinder Richtung Schule – zeit für mein Frühstück, Körperhygiene und eine ordentliche Portion Schlaf.

Die gezeigte Kinderheimspeisung als unapetitlich zu bezeichnen fällt nicht schwer - jedenfalls dem verwöhnten Durchschnittseuropäer...
...denn immerhin ist es warm und reichlich - zwei Eigenschaften, die bei Essen nicht überall vorauszusetzen sind sind...

Nein, die kommen nicht aus der Schule wieder, die gehen zum...

...Bus.
Schon eine Stunde später ist dann Schluss mit Ruhe – ich darf Tippse für Chef machen, der sich immer noch mit der Tasten-Ausspäh-Ein-Finger-Technik abmüht; hinzu kommt dann noch ein (für mich) sehr interessanter Arbeitsstil (Indian way of working management). Aber was solls - er ist auf jeden Fall umgänglicher, als der deutsche Superbürokrat des Grauens, der gerade vom unbedarften und zu Tode erschreckten Antragssteller in seiner wohl verdienten Kaffepause gestört wurde...

À propos Kaffepause - die gibts hier sehr oft. Auch, wenns sich seltener um Kaffe sondern eher um Tee handelt. Der (letzterer) wird hier bis zu acht mal am Tag zu sich genommen. Oftmals genau dann, wenn ich Schlaf nachhole und natürlich wird er einem mit einem freundlichen Klopfen immer bis an die Zimmertür gebracht (ich weiß dann immer nicht, ob ich mich über den Tee freuen oder mich darüber ärgern soll, schon wieder geweckt zu werden...). Das seltsame ist, das egal wann ich Tagsüber Schlafe, Tee gebracht wird. Wenn man sich allerdings seinen Grips mal anstrengt, sollte man drauf kommen, das bei 16 Stunden "Tag", 8x Tee und zwei Stunden "Tagschlaf" die wahrscheinlichkeit gleich 1 ist, dass man irgendwann während der Schlafzeit Tee bekommt.
Bitte entschuldigt die Dokumentation meiner verworrenen Gedankengänge - das Thema "Tee" sollte, glaube ich, noch einmal gesondert behandelt werden...

In letzter Zeit fühl ich mich etwas matt, unausgeglichen (um nicht zu sagen angespannt) und - das war doch nochwas mit un... ach ja, unausgeruht. Das liegt nicht  am Tee - ich habe gestern endlich mal meine Wochenstundenabrechnungen fertig gemacht und mir ist doch glatt aufgefallen, das ich keine einzige Woche weniger, als 48 Stunden gearbeitet habe.
Jetzt hab ich endlich den Grund gefunden, weshalb ich tagsüber nnicht sonderlich gerne im Büro arbeite: Die Arbeit mit den Kindern nimmt 7 bis 8 Stunden in anspruch und da lässt jede zusätzliche Arbeitsstunde einen gerne mal übers Ziel hinausschießen.

Jetzt gerade sitz' ich an diesem Wunderschönen Text und warte darauf, dass wieder Strom da ist, um denselben endlich in meinen Blog zu verfrachten ansonsten kommen auf mich heute noch eine halbe Stunde Tamilunterricht (und ich muss noch lernen), sowie bastle denselben zurecht. Ich hab grad eine Stunde Tamilunterricht hinter mir - mir schwirrt grad der Kopf und ich muss meine Zunge wieder einrenken - und ich hör draußen schon 16 Kinder, die aus der Schule zurückkommen, die dazu gebracht werden müssen ihre Kleidung zu wechseln und sich möglichst wenig gegenseitig und selbst zu verletzen, zu.


Nachtrag:

Als in Erfahrung gebracht wurde, dass ich keine Geburtstagstorte habe, sondern nur Süßigkeiten für die Kinder, musste natürlich schnell Abhilfe geschafft werden. Das Ergebnis war eines dieser Tortenmachwerke mit Crememantel, bei dem man schon vom hinsehen mehr zusätzliche Fettzellen produziert, als einem lieb ist. Glücklicherweise hatte es eine moderate Größe und musste durch 24 geteilt werden. Mir war hinterher trotzdem leicht flau im Magen - ich hatte zwei Stücke plus die Cremerose, die Madam mir überlassen hatte.
Nicht unbedingt die beste Idee meinerseits ja zu sagen; eins der Kinder hätte sich bestimmt gefreut - der Rest der Bande allerdings wär eifersüchtig gewesen... Naja Schwamm drüber - titulieren wir es einfach als notwendiges Übel...

Das Objekt der algemeinen Begierde sämtlicher anwesender Kinder.










Die sehr kreative Schreibweise meines Namens ist der tamilischen Sprache geschuldet - viele männliche Vornamen enden auf einen SCH-Laut (der mit SH in die lateinische Schrift trankribiert wird) z.B. Naresh, Suresh...
Und es gibt kein Wort im Tamil, das auf einen S-Laut endet. Um Lehnwörter aus dem Englischen oder Hindi, die auf ein S enden im Tamil schreiben zu können, gibt es sogar ein extra Schriftzeichen.
Aber auch Tamil ist ein Kapitel (eigentlich ein ganzes Buch, oder sogar mehr) für sich...
Auf jeden Fall hat Ammu  irgendwann angefangen mich einfach Jonash zu rufen, anstatt sich mit irgendwelchen unaussprechlichen Zungenverrenkungen abzugeben und mittlerweile macht der Großteil der Familie das so.

2 Kommentare:

  1. Punkt 1: Herzlichen Glückwunsch nachträglich!^^
    Punkt 2: Ist das Essen wirklich so scharf wie wir verwöhnten Europäer fürchten?

    Das wars fürs erste alles Gute weiterhin
    Johannes

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  2. Punkt 1: Vielen lieben Dank!!!
    Punkt 2: Gedulde dich noch so, sagen wir mal höchstens eine Woche...

    Jonas

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